Grenzenlos Kultur vol. 12
Int. Theaterfestival
9. - 25. September 2010,
Mainz

Über Grenzen


Deutschlands wichtigstes integratives Theaterfestival "Grenzenlos Kultur" widmet sich in seiner zwölften Ausgabe den Querdenkern, Querulanten und Träumern, also denen, die frei nach dem diesjährigen Motto des Kultursommers Rheinland-Pfalz "Über Grenzen" gehen, Normen aufbrechen, Identitätszuschreibungen in Frage stellen, die Gesellschaft verändern. Vom 9. bis 25. September bringen 20 Theatergruppen, zwei Bands, und weitere Künstler 22 Aufführungen, zwei Konzerte, vier Filme, eine Kurzfilmreihe, zwei Lesungen, einen Vortrag, eine Kunstinstallation und eine Ausstellung in das Kulturzentrum/KUZ Mainz.

Eröffnet wird das Festival mit einem dokumentarisch-autobiografischen Stück von und mit sogenannt geistig behinderten Schauspielern der Gruppe Kenafayim aus Israel, die gegen die Einschränkungen der vorgefundenen Wirklichkeit mit ihren Wünschen und Sehnsüchten anspielen. Weitere Gruppen kommen von der Elfenbeinküste, aus Großbritannien, Österreich, Polen, Russland, Deutschland und der Schweiz.

2010 kommen viele dokumentarische und/oder biografische Projekte. Die Performer/innen von She She Pop bringen in ihrem Erfolgsstück "Testament" ihre Väter mit auf die Bühne. In "OmaOpa" von Ohrenkuss wirft der Großvater auch schon mal die Blumenkästen raus. Die polnische Gruppe Osmego Dnia entwickelte aus ihren Geheimdienstakten ein Stück. Das preisgekrönte Performance-Kollektiv Gintersdorfer/Klaßen erzählt von politischen Zusammenstößen und Propaganda an der Elfenbeinküste. Anne Tismer bringt mit "Hitlerine" eine Kunstaktion, in der sie private Obsessionen mit der deutschen Afrika-Kolonialgeschichte kurzschließt. Bernd Begemann und Dirk Darmstaedter haben sich in der Frühzeit des bundesrepublikanischen Rock and Roll umgehört und spielen ihr brandneues Programm schon einen Monat vor ihrer offiziellen Tournee exklusiv für Grenzenlos Kultur!

Andere Projekte widmen sich der Kunst von Menschen, die von der Gesellschaft aussortiert oder ignoriert wurden, deren Werk aber den Weg "über Grenzen" in die Öffentlichkeit gefunden hat. Der Film "Outsider" zeigt Leben und Werk der Künstlerin Judith Scott, die mit Down Syndrom und gehörlos auf die Welt kam, im Heim landete, mit 44 Jahren eine Kunstwerkstatt betrat und im Steilflug ihren eigenen international geschätzen Stil entwickelte. Henry Darger machte erst nach seinem Tod durch die Hinterlassenschaft eines 15.000-Seiten Romans auf sich aufmerksam. Herbert Fritsch liest Texte von in Kliniken weggesperrten Literaturgenies.

In "Kafka am Sprachrand" überschreiten Schauspieler von Theater Thikwa die Grenzen herkömmlicher Sprachen. Das Helmi bringt mit Cora Frost eine Schaumstoff-Theater-Version des Kultfilms "Matrix". Theater Hora ließ sich von Filmklassikern über Außenseiter inspirieren.

Ein dreitägiges Special widmet sich dem heimlichen Vorbild der Querulanten und  Frisurengeber der 68er Rebellen: Struwwelpeter! Elf Theater- und Performancegruppen haben im Auftrag von Grenzenlos Kultur jeweils eine der elf Episoden aus Heinrich Hoffmanns Kinderbuch-Klassiker bearbeitet.

Und wer bis zum 25. September immer noch nicht verstanden hat, dass unartige Kinder mehr bekommen können als ein schönes Bilderbuch, der kann es spätestens beim Abschlusskonzert der Tiger Lillies lernen. In diesem Sinne: Bleiben Sie unartig!